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EnBW gegen Thermoselect S.A.

Datum: 05.06.2007

Kurzbeschreibung: Klage unzulässig wegen Unzuständigkeit der staatlichen Gerichte - Parteien müssen sich an ein Schiedsgericht wenden

Die Klägerin, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, begehrt von der beklagten Thermoselect S.A. die Rückabwicklung des Werkvertrages ( „Wandelung“) über die 1997/1998 in Karlsruhe errichtete Thermoselectanlage. Die Klägerin rügt zahlreiche Mängel und macht insbesondere den ungenügenden Anlagendurchsatz geltend. Nach Inbetriebnahme der Anlage im Jahre 1999 kam es zu zahlreichen Nachbesserungsmaßnahmen, Veränderungen, vorübergehendem Stillstand der Anlage und umfangreichen vorprozessualen Verhandlungen der Parteien. Seit Ende Oktober 2004 ist die Abfallbehandlung eingestellt. Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, die im Wesentlichen wechselseitig geltend gemachte Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrags betrafen, schlossen die Parteien Anfang August 2000 eine Schiedsvereinbarung. Das Verfahren endete durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut. Der Schiedsspruch enthält u. a. folgende Vereinbarung:

„Soweit sich die Parteien über Abnahme, Gewährleistung oder die Frage aus Ziff. 2 nicht einigen können, kann jede Seite das vereinbarte Schiedsgericht erneut anrufen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Schiedsvertrag vom ... diesen Streit mit umfasst. Das Schiedsgericht hat in diesem Fall eine Billigkeitsentscheidung in möglichst enger Anlehnung an die vertraglichen Bestimmungen zu treffen.“

In der Folgezeit kam es erneut zum Streit, in dem es insbesondere um Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Unterschreitung des angestrebten Anlagendurchsatzes ging. Am 15.03.2004 hat die Klägerin die Wandelung des Werkvertrages erklärt und im Oktober 2004 die vorliegende Wandelungsklage eingereicht, mit der sie die Rückzahlung des Werklohnes in Höhe von 145 Mio. EUR gegen Rückgewähr und Rückbau der Anlage durch die Beklagte begehrt. Die Beklagte hat die Schiedseinrede erhoben und geltend gemacht, die Klage sei unzulässig. Das Landgericht Karlsruhe war der Auffassung, dass sich die Schiedsabrede nicht umfassend auf alle Gewährleistungsfragen beziehe, hat aber die Klage abgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Wandelung des Werkvertrages nicht vorlägen und die Thermoselect S.A. nicht Vertragspartnerin der Klägerin gewesen sei.

Auf die Berufung der klagenden EnBW hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 8. Zivilsenat - entschieden, dass die Klage vor einem ordentlichen Gericht aufgrund der Schiedsvereinbarung unzulässig ist und die Berufung zurückgewiesen:
Die Klage ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abzuweisen, weil sie in einer Angelegenheit erhoben worden ist, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist und die Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gerügt hat. Die Parteien haben wirksam eine Schiedsklausel vereinbart. Streit besteht nur hinsichtlich der Reichweite dieser Schiedsklausel. Die Auslegung der Schiedsklausel ergibt, dass sie auch die Wandelungsklage umfasst, denn Wortlaut, Sinn und Zweck der Schiedsvereinbarung und die Interessenlage der Parteien führen zu dem Ergebnis, dass sich die Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts auf alle streitigen Mängel unbeschadet der Frage erstreckt, ob sich die Parteien um Abnahme oder Gewährleistung streiten. Die Schiedsvereinbarung ist auch nicht undurchführbar. Die Schiedsklausel beinhaltet nicht die Bindung an einen bestimmten Schiedsrichter, dessen Wegfall ohnehin nicht angenommen werden kann. Eine (stillschweigende) Aufhebung der Schiedsklausel durch die Parteien kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 05.06.2007 - 8 U 80/06 -

§ 1032 ZPO: Schiedsvereinbarung und Klage vor Gericht
(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.


 

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